Essen ist das eine, Wein das andere. Und sich mit einem von beidem auszukennen, reicht noch lange nicht, beides richtig zu kombinieren. Dabei ist doch genau das – in der Regel – die Trinkgelegenheit für Wein: die Kombination zum Essen, ob aufwändiges Menü oder schnelle Abend-Pasta. Aber die Leute haben irgendwie Angst vor Wein, das stelle ich immer wieder fest. Und viele begehen einen meiner Meinung nach kapitalen Fehler, nämlich zu denken wer sich nicht auskennt braucht keinen guten Wein im Glas.
Das stimmt ja überhaupt nicht! Also bitte ohne Angst auch mal einen guten Wein zum guten Essen besorgen, das lohnt sich, und das schmeckt man, jeder. Ob mit oder ohne bücherweise Weinwissen. Und nur beim Probieren lernt der Gaumen dazu, auch was zu was gut schmeckt.
Das Thema Food & Wein Pairing interessiert mich sehr, zumal ich mich selber gerne daran versuche – und mit jedem Versuch dazu lerne. Umso mehr habe ich mich gefreut, als mich die “Schmeck-Experten” von “einfach genießen”, der Weinschule im Glockenbachviertel, eingeladen haben an einem ihrer Workshops teilzunehmen. Genau wurde es dann der “Wein & Speise” Genießer-Workshop und ich kann schon vorweg nehmen: es lohnt sich absolut. Ich durfte viel dazu lernen und das mit ganz hervorragenden Weinen im Glas.
Für den Workshop, an dem ich teilgenommen habe, wären nicht unbedingt Wein-Vorkenntnisse nötig gewesen – im Gegenteil, wir waren ein recht gemischtes Grüppchen. Es ging in diesem Seminar auch weniger um Kenntnissvertiefung für einzelne Rebsorten, Regionen oder andere Spezifika – wir haben uns einfach mit den Geschmacksprofilen der Weine auseinandergesetzt, und zwar bezogen auf die Speisen, die vor uns auf dem Teller lagen. Diese wiederum waren übrigens sehr lecker, obwohl es ausdrücklich nicht um Küchenkunst ging, sondern um den Geschmackseindruck von Sushi, verschiedener Pastasaucen, Fleisch, Käse und Dessert.
Sehr positiv hervor zu heben fand ich neben dem Seminarinhalt insbesondere die Weinauswahl. Wir haben durch die Bank sehr gute Weine von kleinen Erzeugern (darunter viele deutsche Weingüter) im Glas gehabt und ich konnte so noch das ein oder andere entdecken, was ich vorher nicht kannte oder immer mal probieren wollte – obwohl es ja ums Essen ging und den Wein, nicht nur um den Wein – oder so.
Wenig verwunderlich, dass ich auch nicht nach Hause gegangen bin, ohne im Laden (den man übrigens jederzeit besuchen kann zum Wein entdecken und mitnehmen oder Seminar buchen), noch ein Fläschchen Wein zu kaufen. Und eine Weinsocke, aber das weicht jetzt vielleicht zu weit vom Thema ab..
Also endlich zur Sache. Geschmäcker zu unterscheiden, im Kopf zu ordnen und richtig zu kombinieren ist gar nicht so leicht. Und um das noch zu erschweren – oder auch zu erleichtern, je nachdem: es geht natürlich immer (!!) nach Geschmack. Trotzdem gibt es ein paar Grundlagen für das Wein-Speise-Kombinieren, die wir zu Anfang des Workshops erst einmal im Selbsttest erschmecken konnten. (Wie auch später sind wir übrigens nie zu einheitlichen Ergebnissen gekommen – so viel also noch mal zum Thema “Geschmackssache”.)
Los ging es mit den Grundlagen, und ganz einfachen Geschmacksrichtungen und Konsistenzen. Auf einem kleinen Tellerchen Käse, ein Stückchen Granny Smith Apfel und gesalzene Mandeln. Dazu drei exemplarische Weine: trockenen Weißwein (Silvaner vom Weingut Weltner aus Franken), restsüßen Weißwein (Riesling Spätlese 2010 vom Schloss Saarstein an der Mosel – herrlich!) und trockenen Rotwein (Cuvée W vom Weingut Wachtstetter in Würtemberg). Wir durften jeder selbst kombinieren und probieren, und uns notieren welcher Wein für uns am besten zu welcher der drei Speisen harmoniert. Für meine Geschmacksnerven sah das so aus (und dieser Bericht bezieht sich so wie alle anderen hier auf dem Blog tatsächlich ausschließlich auf meine eigenen Geschmacksnerven..):
einfach genießen Weinschule Wein & Speise Sommelier-WorkshopSchloss Saarstein Riesling Spätlese
Der Silvaner hat sich am besten zur Salzmandel herausgestellt, die Spätlese zum säuerlichen Apfel, der Rotwein zum Käse. Der Restsüße Wein zum Apfel hat mich wenig überrascht, süß und sauer kombiniert sich harmonisch und gleicht sich aus, hier will nur auf das richtige Maß geachtet werden – wie wohl bei der Wein-Speise Kombination generell. Zu süß und zu wenig sauer ist unbalanciert, zu sauer und zu wenig süß ebenso – logisch eigentlich. Rotwein und Käse sind schön zueinander, ohne den Käse ist die Cuvée in der Tat ziemlich trocken und mit deutlichen Tanninen. Fett – und auch Eiweiß – vom Käse puffern das schön ab, machen den Wein runder und lassen den fruchtigen Aromen mehr Platz an die Oberfläche zu gelangen. Beim Silvaner fand ich die Kombination schon nicht mehr ganz so eindeutig. Auch hier puffert wie beim Rotwein das Fett ein wenig Säure ab, das Salz fügt sich schön in die Geschmacksstruktur und nimmt der Säure ebenfalls ein wenig ihre Wucht.
Mit dieser Ausgangsbasis an Regeln starten wir also in unser Menü und haben im Hinterkopf: Kontraste gehen meistens gut. Ähnliche und gegensätzliche Geschmacksmuster logischerweise ebenso – süßsaurer Wein, süßsaurer Apfel. Tannin und Säure funktioniert dagegen nicht. Fett und Eiweiß dagegen umso besser. Außerdem: Auf die Intensität der Geschmäcker achten. Moderate Säure mit moderater süße, feine Tannine nicht in Fett ertränken.
Als Beispiel für einen Fischgang haben wir Boston Rolls und probieren drei Weißweine dazu. Ab jetzt bewegen wir uns in unserer Einheitlichkeit was die Meinung über den “passenden” Wein angeht immer weiter außeinander, macht aber nichts. Es gibt auch nicht die eine Lösung. Auch Rotwein könnten wir uns übrigens vorstellen zum Fisch – solang er leicht ist und mit wenig Tannin aufwartet. Im Glas haben wir eine trockene Weißburgunder Spätlese 2010 vom Weingut Heilmann in Franken, einen feinherben Riesling vom Weingut Leo Fuchs an der Mosel (2011er von alten Reben Riesling Spätlese) und einen Sauvignon Blanc vom Weingut Rings in der Pfalz (die übrigens mit ihren Weinen durchaus dem gerecht werden, dass sie zur Zeit als “Shooting-Stars” unter den Jungwinzern gehandelt werden).
Und da geht es schon los. Die Weine waren toll, alle. Und müsste ich mich zwischen dem Sauvignon (ich habe eine Schwäche für Sauvignon) und der Riesling Spätlese (hmm!!) entscheiden, ich würde beide nehmen. Wir waren uns am Schluss halbwegs einig: zum Sushi sollte es der Weißburgunder sein, er fand eine schöne Mitte zwischen der vielleicht zu kräftigen süße des Rieslings und vielleicht zu wenig davon im Sauvignon – zum Sushi wohlgemerkt. Vergleichen auf hohem Niveau, aber darum ging es ja auch.
Weiter ging es mit Tortellini (relativ “neutrale” Füllung ohne Fleisch) und drei verschiedenen Saucen. Ein rotes Pesto, eine Sauce auf Sahnebasis, eine Portweinbutter. Dazu mischen wir jetzt rot und weiß: Riesling, Chardonnay und Blaufränkisch. Genauer Knipser Himmelsrech 2007, Philippi Chardonnay 2004 (der übrigens allein für sich genommen schon sensationell war!) und Blaufränkisch (also Lemberger) 2010 nochmal vom Weingut Wachtstetter. Ganz eindeutig einigen wir uns wieder nicht, aber so ungefähr. Meine Geschmacksnerven haben gesagt: der Riesling zur sahnigen Gorgonzolasauce, die Säure vom Wein und die relativ würzige, etwas schwerere Sauce ergänzen sich sehr gut. Der Chardonnay zur Portweinbutter, beide ein bisschen speziell und mit sehr deutlichem Charakter – sie kanibalisieren sich nicht und keiner der beiden geht unter. Der Blaufränkisch zum roten Pesto, Würze, Fruchtigkeit und relativ wenig Tannine bilden hier eine schöne Kombination.
Der Fleischgang - hier hatten wir nun drei Rotweine zum Probieren. Das Fleisch war mediterran gewürzt und mit leichter Zitronennote, also ein relativ leichter Fleischgang. Keine schwere Sauce oder ähnliches, was einen überaus starken Gegenpart braucht. Deswegen passte hierzu auch ganz wunderbar der Lemberger vom Pasta-Gang, um das schon mal vorweg zu nehmen. Der Bordeaux war für mein Empfinden zu kräftig und mit zu viel Tannin ausgestattet, der hätte eine gehaltvolleren Teller als Gegenpart gebraucht. In den Spätburgunder GG Altenaher Eck vom Deutzerhof habe ich mich regelrecht verliebt, auch ihn hätte ich vom Fleck weg mit dem Fleisch kombiniert.
Zum Dessert, das aus drei Komponenten bestand, haben wir einen lieblichen Gewürztraminer, einen süßen Muscat de Frontignan und einen süßen Sherry versucht. Die Gewürztraminer Spätlese 2011 vom Weingut Meßmer (übrigens der Familienbetrieb von Bernd Meßmer, der die Weinschule einfach genießen schon vor 10 Jahren gegründet hat) ist der Knaller. Schon für sich allein genommen, aber umso mehr noch zum Epoisses. Keine Käseplatte mehr ohne Gewürztraminer (.. nicht schwer zu erraten, welcher Wein mit mir zusammen nach Hause gefahren ist). Die sehr süße und feine Linzertorte braucht einen ebenso süßen Gegenspieler im Glas, da ist der Muscat genau das richtige. Der Sherry kommt direkt auf dem Vanilleeis, auch sehr schön.
Und jetzt? Werde ich sicher noch ein bisschen genauer drüber nachdenken, welchen Wein zu welchem Essen. Und ebenfalls sicher das ein oder andere Aha-Erlebnis mehr haben. Und vielleicht auch mal eines der anderen vielen Seminar bei einfach genießen besuchen.
www.culinarypixel.de